333-Jahre Carlsdorf
Carlsdorfer Ahnen auf der Flucht Der 19. Januar 1686 ist der Geburtstag von Carlsdorf . An diesem Tag hat der Rentmeister Kaspa r Johann Rang aus Hofgeismar dem Landgrafen berichtet, dass das Gebiet zwischen dem Strauchberg und der Lichten Heide am Diebesweg bei der Wüstung Gauze ( Gotresdeshusun oder Gothardessen von 965 ) als zukünftiges Siedlungsgebiet für die erwarteten Flüchtlinge aus Frankreich bestimmt wurde. Die Wegetappen unseres Projektes333-Jahre Carlsdorf“ orientierten sich an den in 2009 entstandenen Wanderwegen des Hugenotten- und Waldenserpfad e.V. Die Festlegung der Wegführung hatte als Ziel, historische Postwege und Berührung mit Hugenotten- und Waldensersiedlungen zu nutzen. Da sich aber der Zeitraum der Fluchtbewegungen von 1685 bis 1700 hinzog, war es schwierig, auf alle Umstände dieser Zeit Rücksicht zu nehmen. Ein Beispiel hierfür war der Pfälzer Erbfolgekrieg, der es zwischen 1688 bis 1698 fast unmöglich machte, die Wege durch die Rheinebene und Schifftransporte über den Rhein zu benutzen. Von Schaffhausen kommend, war für die Carlsdorfer Ahnen in 1686 Heidelberg noch eine wichtige Zwischenstation ihres Fluchtweges. Die Alte Brücke über den Neckar in Heidelberg war ein Übergang, den sie mit Sicherheit genutzt haben, um entlang der heutigen Deutschen Bergstraße über Darmstadt bis Frankfur t weiter reisen zu können. Der weiterführende Weg war dann auf kürzestem Abstand bis Marburg, aber nicht über Braunfels im östlichen Taunusgebiet. Von Marburg zogen sie weiter über Kassel nach Hofgeismar , ihrem auserwählten Fluchtziel. Diese Fluchtrouten der Carlsdorfer Ahnen entsprachen aus erklärten Gründen nicht dem heutigen Hugenotten- und Waldenserpfad. In Schaffhausen Die hugenottischen Vorfahren der Carlsdorfer verließen ihre Heimat im Queyras in Frankreich schon im August 1685 . Ihr Fluchtweg führte sie durch die Schweiz nach Schaffhausen und weiter über Heidelberg, Frankfurt bis Hofgeismar. Die Schweiz unterstütze die Flüchtlinge mit Reisegeld und Dokumenten für ihre Durchreise. Weihnachten und den Jahreswechsel verbrachten sie in Schaffhauser Herbergen. Am 22. Januar 1686 verließen sie auf Fuhrwerken die Schweiz in Richtung Heidelberg und kamen dort am 8. Februar an. Zum 22. Januar 2019 besuchten wir Schaffhausen, um die Orte und Umstände zu erkunden, mit denen die F lüchtlinge vor 333 Ja hren in Berührung kamen . Viele der Unterkünfte in Schaffhausen, in denen sie untergebracht waren, konnten wir zurück finden. Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass wir im „Hotel Kronenhof“ wohnten, in dem einige Carlsdorf Ahnen und im Besonderen der Urahn meiner Frau Lilo (Sebastian Vialon) bereits vor 333 Jahren untergebracht waren. Mit einem umfangreichen Programm zur Nachempfindung der Situation vor 333 Jahren hatten wir die zwei letzten deutschen Fluchtetappen, Heidelberg bis Frankfurt und weiter bis Hofgeismar, als Erkundungsreise geplant und durchg eführt. Auf den Fluchtwegen der Carlsdorfer Ahnen von Heidelberg bis Frankfurt Heidelberg war die zweite Station der Flüchtlinge aus dem Queyras auf deutschem Boden. Sie kamen am 7/8. Februar 1686 in Heidelberg an um nach kurzem Aufenthalt und Registrierung weiter in Richtung Frankfurt zu ziehen. Diese Strecke haben wir uns ausgesucht um in 5 Wander- Teiletappen nach Neu Isenburg (Frankfurt) zu gelangen. Nach gelungener Erkundung von Stadt und Schloss Heidelberg begaben wir uns am nächsten Morgen nach Neckarsteinach, der südlichsten Stadt Hessens, um von hier über Schönau, einer alten Walonenstadt, nach Hirchhorn am Necker zu wandern. Durch ständigen Regen erreichten wir durchnässt am Nachmittag unser Ziel. Der folgende Tag begann ebenfalls mit Regen. Nach kurzer Bahnfahrt begaben wir uns wandernd auf den Weg nach Erbach/Michelstadt. Hier verließ mich am folgenden Tag meine Begleitung, Veronika Weifenbach , und ich wanderte etwa 20 km in Richtung Westen. Ab Beerfurt/Reichelsheim brachten mich Bus und Bahn nach Ober Ramstadt. Zu Fuß zog ich weiter in die Waldenserdörfer Rohrbach, Hahn und Wembach, wo ich freundlich empfangen wurde. Am nächsten Tag zog ich in Begleitung weiter nach Darmstadt. Die Bahn sorgte von hier für eine angenehme Fahrt nach der Hugenotten Stadt Neu Isenburg. Nach einer Ortserkundung und einem Museumsbesuch wurde ich durch den Bürgermeister von Neu Isenburg empfangen und zu einem Mittagessen eingeladen. Am Abend trat ich dann meine Heimreise nach Carlsdorf an. Auf der letzten Flucht-Etappe der Carlsdorfer Ahnen von Frankfurt nach Carlsdorf Frankfurt war die letzte Zwischenstation der Flüchtlinge aus dem Queyras. Hier schlossen sich, unter der Führung von Pastor David Clement, die Queyrassiner mit Waldensern und Pfälzer Walonen zusammen. Sie zogen am 12. Februar 1686 in Familiengruppen über Marburg, Kassel nach Hofgeismar, wo die Ersten am 22. Februar ankamen. Diese Route habe ich ausgesucht, um in 8 Etappen, wie die Carlsdorfer Ahnen vor 333 Jahren, von (Frankfurt) Friedrichsdorf bis nach Carlsdorf zu wandern. Der Start war am 1. Juni 2019 in der Hugenottenstadt Friedrichsdorf am Taunus. Die Tour führte mich in Begleitung von einigen Friedrichsdorfern über den Taunus, vorbei an einer Römerfestung, entlang dem Limes über den Hessenpark nach Braunfels. Von dort wanderte ich am nächsten Tag in Begleitung von 5 Personen weiter über Daubhausen, einer Hugenottensiedlung von 1686/87, nach Ehringshausen. Mit der Bahn reiste ich weiter bis Marburg. Dort wurde ich an die Reformationszeit erinnert, denn dort trafen sich Luther mit Zwingli und anderen Reformatoren zum Religionsgespräch von 1524. Als die Carlsdorfer Ahnen durch Marburg kamen, hatte Landgraf Carl gerade dafür gesorgt, dass die grausamen Hexenverfolgungen, die seine Mutter noch aktiv unterstützt hatte, beendet wurden. Der Hexenturm am Schloss ist ein Mahnmal für diese Zeit. Am nächsten Tag wanderte ich in Begleitung weiter nach Norden. Am Edersee traf ich einen Carlsdorfer (Rudi), der mich für zwei Tage entlang der Eder (den Edersee gab es in 1686 noch nicht) bis hinauf zum Schloss Waldeck begleitete. In Leckringhausen ließ er mich im Hotel Mülot (Verwandte der Familie Mülot aus Carlsdorf) zurück. Nach einer ruhigen Nacht wanderte ich weiter über Wolfhagen und Altenhasungen bis Zierenberg. Magenprobleme, die mich schon seit einigen Tagen plagten, wurden durch „Spezialnahrung“ der Hotelküche vom „Kasseler Hof“ in Zierenberg behoben. Am letzten Tag meiner Tour wurde ich dann von zwei Carldorfern (Uwe und Klaus) begleitet. Über Laar, Westuffeln und Kelze gelangten wir glücklich in Carlsdorf an. Hier wurden wir freundlich empfangen und zur Stärkung mit Bratwurst und Bier versorgt. Glücklich zu Hause und mit vielen Erfahrungen reicher und „dank“ meiner einge- fangenen Magenprobleme um 4-5 kg leichter.
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